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Von heute auf morgen op. 32
Bleistift auf Papier
21,5 × 28 cm
1928
Q Manuskript
B S Arnold Schönberg Center, Wien
Arnold Schönberg
Von heute auf morgen op. 32
Oper in einem Akt
»Von heute auf morgen« will eine heitere und leichte Oper sein: sie zeigt nur, das was sich von heute auf morgen abspielt, nicht länger gilt, nicht länger bestehen bleibt. Wäre aber selbst das »Was« der Handlung schwerer wiegend, so soll doch das »Wie« der Darstellung leicht sein: eine alltägliche, fast banale Geschichte; und ihren tieferen Sinn muß nur akzeptieren, wer Lust dazu hat. Gezeigt ist, daß es bedenklich wäre, der Mode zuliebe an den Fundamenten zu rütteln. Gezeigt sind Menschen, die unklug genug sind, die Grundsätze, mit denen die Mode ja nur prahlen will, in Wirklichkeit umzusetzen; Menschen, die ein Eheglück bedrohen, ohne zu ahnen, daß die Mode, die sich ja mit dem äußeren Schein begnügt, vielleicht dieses Eheglück beim nächsten Wandel schon wieder verherrlichen wird. Beachtet man neben diesem auf der Hand liegenden Sinn den Doppelsinn der zahlreichen Wortspiele, so wird man leicht die anderen Gebiete erraten, die gerne mitgedacht sein sollen. Die Einkleidung dieser Gedanken wird folgendermaßen sichtbar gemacht: Das Ehepaar kommt von einer Unterhaltung nach Hause, der Mann schwärmt wieder einmal von einer eleganten, modisch tuenden Frau. Die allzu häusliche Gattin, gereizt und um ihr Glück bedroht fühlend, zeigt ihm: »jede Frau kann beides«, indem sie die Kleider einer Tänzerin benutzt, das Gehabe einer »Frau von Welt« annimmt
und den Lausejungen vorspielt, die solcher Lebens auffassung entsprechen. So entzückt sie den Gatten, der dieses Spiel ernst nimmt, anfangs, treibt ihn aber schließlich dazu, sie so zu wünschen, »wie sie früher war«. Fast ausgesöhnt, haben sie noch eine Prüfung zu bestehen, die Attacken der »Menschen von heute«: das »entzückend lebendige Weib« und der »berühmte Tenor«, der die Frau zu gewinnen sucht, treten auf und wenden die Verführungskünste moderner Lebensauffassungstiraden an. Vergebens: denn, wie sie, ohne etwas zu erreichen, abziehen müssen, findet selbst der Mann sie »nicht einmal
mehr ganz modern«.
(Arnold Schönberg, April 1930)